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Nesselsucht (Urtikaria) – Woran man sie erkennt und was hilft

Plötzlich juckende Haut, rote Quaddeln oder Schwellungen: Wenn sich solche Beschwerden innerhalb kürzester Zeit entwickeln, steckt häufig die Nesselsucht (Urtikaria) dahinter.

Viele Betroffene sind überrascht, wie schnell sich die Haut verändert – und wie stark der Juckreiz werden kann. Aber: Nicht jeder Hautausschlag ist gleich Nesselsucht.

Hier erfährst du, woran du eine Urtikaria erkennst, welche Ursachen sie haben kann und wann ärztliche Hilfe wichtig ist.


Was ist Nesselsucht?

Die Nesselsucht, medizinisch Urtikaria, ist eine entzündliche Hauterkrankung, bei der das Immunsystem überreagiert. Sie kann in verschiedenen Verlaufsformen (akut, chronisch) auftreten, zeigt sich aber meist durch juckende, rötliche Quaddeln und manchmal Schwellungen (Angioödeme) der Haut oder Schleimhäute. Das erste Erscheinungsbild ähnelt der Hautreaktion nach Kontakt mit einer Brennnessel – daher der Name „Nesselsucht“.

Etwa jeder vierte Mensch erkrankt mindestens einmal in seinem Leben an einer Urtikaria. Die akute Form ist etwa 10- bis 100-mal häufiger als die chronische.

Man unterscheidet allgemein:

  • Akute Urtikaria: Symptome halten weniger als 6 Wochen an. In den meisten Fällen schwächt sich der „Anfall“ innerhalb weniger Tage bis Wochen ab.

  • Chronische Urtikaria: Beschwerden bestehen länger als 6 Wochen, häufig über Jahre oder Jahrzehnte mit wiederkehrenden Schüben.


Wie sieht Nesselsucht aus?

Nesselsucht zeigt ein charakteristisches Erscheinungsbild auf der Haut, das sie von anderen Hauterkrankungen wie Ekzemen, Schuppenflechte, Pilzinfektionen oder allergischen Hautreaktionen unterscheidet. Wichtige Unterscheidungsmerkmale der Nesselsucht liefern Beginn, Aussehen und Juckreiz.

Typische Anzeichen der Nesselsucht:

  • Beginn: Hautveränderungen entstehen schnell – innerhalb von Minuten.

  • Aussehen: Quaddeln auf der Haut, erhabene, runde oder unregelmäßige Erhebungen, oft hell in der Mitte und rötlich am Rand; sie können einzeln oder flächenhaft auftreten.

  • Juckreiz: Meist stark juckend, kann sogar den Schlaf stören.

  • Weitere Anzeichen: Hitzegefühl, Wärme oder Reibung verstärken die Beschwerden. Schwellungen (Angioödeme) sind tiefer liegende Schwellungen, vor allem an Lippen, Augenlidern, Händen oder Füßen. Sie können unangenehm spannen, sind aber meist schmerzlos.

  • Selten: Schwellung von Zunge oder Rachen (ärztlicher Notfall!).


Nesselsucht (Urtikaria)
Nesselsucht (Urtikaria)

Wann sollte man zum Arzt?

In den meisten Fällen bessern sich die Symptome der Nesselsucht innerhalb weniger Tage bis Wochen. Manchmal verschwinden die juckenden Quaddeln so schnell, wie sie gekommen sind.

Es kann aber vorkommen, dass die Beschwerden einer ärztlichen Abklärung und einer medikamentösen Behandlung bedürfen.

Du solltest einen Arzt aufsuchen, wenn:

  • die Hautveränderungen länger als 24 Stunden anhalten,

  • sie immer wiederkehren,

  • starke Schwellungen im Gesicht oder Halsbereich auftreten,

  • oder Atemnot bzw. Kreislaufprobleme hinzukommen.


Warum bekommt man plötzlich Nesselsucht?

Wenn sich juckende Quaddeln in kürzester Zeit auf der Haut ausbreiten, fragen sich Betroffene verständlicherweise oft: „Was habe ich gemacht?“ oder „Woher kommt das so plötzlich?“

Nesselsucht ist keine klassische Allergie, auch wenn sie ähnliche Symptome verursachen kann.

In etwa der Hälfte der Fälle bleibt die genaue Ursache der Nesselsucht allerdings unbekannt – man spricht dann von spontaner (akuter oder chronischer) Urtikaria. Nur in seltenen Fällen gelingt es, die Erkrankung auf ein konkretes Ereignis wie bestimmte Nahrungsmittel oder Reize zurückzuführen. Sind tatsächlich äußere Einflüsse wie UV-Licht, Reibung, Hitze oder Kälte Auslöser der Nesselsucht, spricht man von physikalischer oder induzierbarer Urtikaria.

In den meisten Fällen liegen der akuten Urtikaria bei Erwachsenen Infekte (etwa 40 %) oder Unverträglichkeiten gegen Medikamente (etwa 10 %) zugrunde.

Mögliche Auslöser der Nesselsucht im Überblick:

  • Akute Infekte (z. B. virale oder bakterielle Infektionen)

  • Chronische Entzündungen (z. B. durch den Magenkeim Helicobacter pylori)

  • Allergien oder Unverträglichkeiten, z. B. auf Lebensmittel (z. B. Nüsse, Meeresfrüchte, Erdbeeren)

  • Nebenwirkungen von Medikamenten (z. B. Ibuprofen, Penicillin, bestimmte Antibiotika, Rheuma- oder Blutdruckmedikamente, Impfungen)

  • Autoimmunbedingte Nesselsucht (autoreaktive Urtikaria): Dabei werden sogenannte Immunglobuline E (IgE) gebildet, die verstärkt Mastzellen aktivieren und die Abwehrreaktion „überschießen“ lassen.

  • Kälte, Wärme, Druck oder Sonnenlicht

  • Stress oder hormonelle Veränderungen


Welcher Virus löst Nesselsucht aus?

Nesselsucht kann verschiedene Auslöser haben. Tatsächlich steckt häufig eine akute Infektion dahinter – vor allem, wenn Nesselsucht bei Kindern auftritt. Dabei handelt es sich aber nicht um einen einzelnen Virus. Vielmehr kann jede Virusinfektion, die das Immunsystem stark aktiviert, eine vorübergehende Urtikaria hervorrufen.

Folgende Viren sind am häufigsten beteiligt:

  • Atemwegsviren wie Rhinoviren (Erkältungsviren), Adenoviren, Influenza- und Parainfluenzaviren, Respiratorisches Synzytialvirus (RSV)

  • Magen-Darm-Viren wie Noroviren, Rotaviren, Enteroviren (besonders bei Kleinkindern kann eine Magen-Darm-Infektion einige Tage später eine Urtikaria auslösen)

  • Herpesviren


Ist Nesselsucht ansteckend?

Die Nesselsucht (Urtikaria) ist keine Infektionskrankheit, sondern eine Reaktion des Immunsystems, die zu Juckreiz, Rötung, Quaddeln oder Schwellungen führt.

Diese Reaktion passiert im Körper des betroffenen Kindes selbst und kann nicht auf andere übertragen werden.

Auch wenn Nesselsucht vor allem bei Kindern durch eine akute Infektion ausgelöst werden kann, ist in diesen Fällen nicht die Nesselsucht, sondern höchstens die zugrunde liegende Virusinfektion ansteckend. Angesteckte Kinder entwickeln aber nicht automatisch auch Nesselsucht.


Wie kommt es zu Quaddeln und Juckreiz bei Nesselsucht?

Im Mittelpunkt der körperlichen Reaktion stehen spezialisierte Zellen des Immunsystems – die sogenannten Mastzellen. Wenn diese Zellen aktiviert werden, setzen sie Histamin und andere Entzündungsstoffe frei: Die Hautgefäße erweitern sich, die Durchblutung wird verstärkt und Hautnerven aktiviert. Es kommt zu den typischen Hautsymptomen: Rötung, Schwellung, Quaddeln, Juckreiz.


Therapie der Urtikaria – Wie bekomme ich die Nesselsucht weg?

Die Behandlung richtet sich nach der Schwere der Symptome und möglichen Auslösern.

Der wichtigste erste Schritt, bevor die Nesselsucht effektiv behandelt werden kann, ist die Anamnese und Ursachensuche durch den Arzt.

Die wichtigsten Fragen sind dabei:

  • Seit wann bestehen die Symptome?

  • Wie lange halten einzelne Quaddeln an?

  • Gibt es erkennbare Auslöser? (z.B. Medikamente, Nahrungsmittel, Druck, Kälte, Infekt)

  • Behandlung der induzierten Nesselsucht


Wenn ein klarer Auslöser gefunden wird, ist die Vermeidung (Elimination) der effektivste Weg zur Heilung. Lässt sich das Auftreten der Symptome zum Beispiel mit dem Verzehr eines bestimmten Nahrungsmittels in Zusammenhang bringen, sollte sofort darauf verzichtet werden.

Doch in etwa 50 % der Fälle findet sich keine eindeutige Ursache – dann steht die Symptomkontrolle im Mittelpunkt.


Nesselsucht (Urtikaria)
Nesselsucht (Urtikaria)

Medikamentöse Therapie der Urtikaria

In den meisten Fällen bilden sich die juckenden und brennenden Quaddeln selbstständig zurück.

Bis dahin besteht die wichtigste Behandlung in der Linderung der Symptome. Kühlende und betäubende Cremes oder Kompressen (z. B. mit Aloe vera oder Menthol) können hilfreich sein.

Oft ist jedoch die Einnahme von Antihistaminika notwendig. Sogenannte H1-Rezeptor-Antagonisten blockieren die Wirkung von Histamin, dem Botenstoff, der Quaddeln und Juckreiz auslöst. H1-Antihistaminika neuerer Generation sind nebenwirkungsärmer im Vergleich zu den älteren Präparaten.

Wenn Antihistaminika trotz Dosissteigerung nicht ausreichend helfen, ist der nächste Schritt das Mittel Omalizumab. Dabei handelt es sich um einen Anti-IgE-Antikörper, der einmal im Monat als Spritze unter die Haut gegeben wird. Der Wirkstoff blockiert den Botenstoff IgE, der Mastzellen stimuliert.

In schweren Fällen kann die zusätzliche Gabe von Kortison (Glukokortikoiden) wie Prednisolon angezeigt sein. Kortison lindert Juckreiz und Entzündung schnell, sollte aber nur kurzfristig eingenommen werden, da langfristig Nebenwirkungen drohen.

Schließlich stehen noch Immunsuppressiva (z. B. Ciclosporin) zur Behandlung chronischer Nesselsucht zur Verfügung. Das Mittel kommt meist erst dann zum Einsatz, wenn auch Omalizumab nicht wirkt. Ciclosporin A hemmt die Überaktivität des Immunsystems und erfordert eine engmaschige ärztliche Kontrolle.

Neue Medikamente, die sich derzeit in der Zulassung befinden, könnten künftig die Behandlungsmöglichkeiten bei schwer therapierbaren Fällen von chronischer spontaner Urtikaria (CSU) erweitern. Dazu zählen z. B. Remibrutinib (ein Hemmstoff der Bruton-Tyrosin-Kinase) und Dupilumab, ein monoklonaler IgG4-Antikörper, der entzündungsfördernde Signalwege blockiert.


Unterstützende Maßnahmen in der Behandlung von chronischer Nesselsucht

Neben der medikamentösen Therapie gibt es zahlreiche unterstützende Maßnahmen, die helfen können, Beschwerden zu lindern und Schübe zu vermeiden.


Dazu zählen:

  • Reize vermeiden, die die Haut belasten: Viele Betroffene reagieren empfindlich auf bestimmte äußere Reize. Wenn möglich, sollten diese individuellen Trigger gemieden oder reduziert werden:

    • Wärme und Schwitzen: heiße Bäder, Sauna, enge oder synthetische Kleidung vermeiden

    • Kälte: bei Kälteurtikaria warme Kleidung und Schutz von Hautarealen, die schnell auskühlen

    • Druck oder Reibung: lockere Kleidung, keine engen Gürtel, BH-Träger oder Rucksackriemen

    • Lichtempfindlichkeit: Sonnenschutz bei Sonnenurtikaria

    • Wasserempfindlichkeit: bei aquagener Urtikaria die Haut nach dem Duschen rasch abtrocknen und pflegen


  • Ernährung und Lebensstil anpassen:

    • Frische, unverarbeitete Lebensmittel bevorzugen

    • Alkohol, besonders Rotwein und Bier, möglichst meiden

    • Histaminreiche Lebensmittel einschränken: gereifter Käse, Salami, Thunfisch, Tomaten, Spinat, Schokolade

    • Zusatzstoffe (Farbstoffe, Konservierungsmittel) kritisch prüfen


  • Stress reduzieren: Psychischer Stress kann die Symptome einer chronischen Urtikaria deutlich verstärken.

  • Entspannungsübungen (Yoga, progressive Muskelentspannung, Atemtechniken):

    • Achtsamkeitstraining oder Meditation

    • Regelmäßiger, moderater Sport (z. B. Spazierengehen, Schwimmen, Radfahren)

    • Ausreichend Schlaf und feste Schlafenszeiten

    • Psychologische Unterstützung oder Verhaltenstherapie bei Bedarf


  • Hautpflege und Alltagstipps:

    • Seifenfreie, pH-neutrale Waschlotionen verwenden

    • Rückfettende, unparfümierte Cremes oder Lotionen (z. B. mit Urea, Panthenol oder Glycerin)

    • Kühle Umschläge oder Thermalwassersprays lindern Juckreiz

    • Kratzen vermeiden – besser leicht klopfen oder kühlen

    • Nach dem Duschen die Haut sanft abtupfen, nicht reiben

    • Nikotin meiden: Rauchen fördert Entzündungsprozesse

    • Ausreichend trinken: unterstützt die Hautbarriere


Fazit

Nesselsucht ist eine häufige Erkrankung bei Kindern und Erwachsenen, die durch eine Überreaktion des Immunsystems entsteht. Sie zeigt sich durch plötzlich auftretende, juckende Quaddeln oder Schwellungen.

Die gute Nachricht: Eine akute Nesselsucht verschwindet meist innerhalb weniger Tage bis Wochen vollständig. In seltenen Fällen kann sie jedoch zu starken Symptomen führen, die Betroffene erheblich einschränken.

In vielen Fällen lässt sich kein eindeutiger Auslöser feststellen – häufig stehen jedoch Infekte und Medikamente, seltener Nahrungsmittelunverträglichkeiten, physikalische Reize oder Stress im Zusammenhang mit dem Auftreten der Symptome. Die Erkrankung ist nicht ansteckend und entsteht durch eine innere Immunreaktion, bei der Mastzellen Histamin freisetzen.

Mit der richtigen Behandlung lässt sich die Erkrankung in der Regel gut kontrollieren. Treten die Beschwerden häufiger auf oder werden sie stärker, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden, um mögliche Auslöser abzuklären und eine passende Therapie zu finden.

Die Therapie richtet sich nach Schwere und Verlauf:

  • Antihistaminika sind die Basis der Behandlung und lindern Juckreiz sowie Hautreaktionen.

  • Omalizumab (ein Anti-IgE-Antikörper) kommt zum Einsatz, wenn herkömmliche Mittel nicht ausreichen.

  • Kortison und Immunsuppressiva werden nur kurzfristig oder in schweren Fällen verwendet.

  • Neue Medikamente wie Remibrutinib (BTK-Hemmer) oder Dupilumab (IL-4/IL-13-Blocker) erweitern künftig die Therapieoptionen bei therapieresistenter, chronischer Urtikaria.


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